Rockblog.Bluespot - Review Album "Cool Down Under"
by Jules
Dear Misses kommen nicht aus “Down under” Australien, sondern aus dem schweizerischen Muotathal, aus dem über den Alpenrand hinweg ansonsten eher Death und Black Metal klänge erschallen. Mit ihrem neuesten Werk „Cool Down Under“ liefern Dear Misses aus der Schweiz ein beeindruckendes Album ab, das Garage-Rock, Psychedelia und Indie auf eine so energiegeladene Weise vereint, dass es kaum stillsitzen lässt. Die Songs rollen wie ein heißer Sommerwind durch staubige Straßen und hinterlassen tiefe Spuren im Gehörgang. Das Album ist laut, düster, aber auch überraschend eingängig – ein starker Beweis für die musikalische Vielseitigkeit und das große Potenzial der Band.
Die Band, bestehend aus Fabian Schelbert (Gesang, Gitarre), Jonas Marty (Gesang, Gitarre), Cornel Betschart (Schlagzeug), Remo Betschart (Bass) und Belinda Villforth (Gesang, Percussion), schuf ihr eigenes Genre „Bluesadelic“, das sich als eine mitreißende Mischung aus Garage, Blues, Rock und Psychedelia präsentiert.
In den letzten Jahren haben sie sich in der schweizerischen und internationalen Musikszene etabliert, insbesondere durch ihre kraftvollen und energiegeladenen Live-Shows, die von Spontanität und Experimentierfreude geprägt sind.
“Am Anfang standen ein Tascam 8-Spur Kassettendeck, ein miefiger Aufnahmeraum im Keller ihrer damaligen WG, eine handvoll Songideen und zwei Wochen Weihnachtsferien.” Nach dem Debütalbum „No. 5 Small Town Tunes“ im Jahr 2017 folgte die EP „Green is the New Mustard“ im Jahr 2018, und das zweite Album „Monster’s Mother“ im Jahr 2020. Mit diesem Werk zeigten Dear Misses bereits eine enorme stilistische Bandbreite, die von rauen, gitarrenlastigen Tracks bis hin zu experimentellen, psychedelischen Klängen reichte. Das 2022 veröffentlichte „Life and Death of Frankie Trombone“ verfolgte dann eher einen Americana/Folk-inspirierten Ansatz und überraschte die Fans mit einem ruhigeren, melancholischeren Sound.
„Cool Down Under“ markiert jedoch eine Rückkehr zu den rauen Wurzeln der Band und bringt gleichzeitig eine neue, elektrisierende Energie mit sich. Während der Pandemie, die die Welt in Atem hielt, schrieb und jammte die Band unermüdlich, was in einer kreativen Explosion gipfelte, die sie in eine härtere, rauere Richtung führte. Die Entscheidung, die Garagenrock-Einflüsse stärker in den Vordergrund zu rücken, hat sich ausgezahlt: „Cool Down Under“ ist nicht nur stilistisch kohärenter als seine Vorgänger, sondern auch mitreißender und direkter.
„Cool Down Under“ entfaltet sich wie ein wilder Trip durch die Eingeweide des modernen Rock’n’Roll, angereichert mit einer gesunden Dosis Psychedelia und schierer Energie. Vom ersten Track „1% Suckers“ an, tauchen wir in einen Sound ein, der die Wände zum Beben bringt. Ein donnernder Bass und fuzzige Gitarrenriffs wälzen sich durch den Song wie ein schwerer Güterzug, der sich durch die Wüste fräst. Der Track ist ein starker Einstieg, der sofort klarmacht, dass Dear Misses hier keine Kompromisse eingehen. Die Band spielt mit einer Intensität, als ob jeder Track der letzte sein könnte – ein Gefühl, das sich durch das gesamte Album zieht.
„Mosquito Dance“ sorgt mit seinen treibenden, fast schon tanzbaren Rhythmen für eine erste Verschnaufpause. Hier zeigt die Band, wie geschickt sie es versteht, groovige Basslines mit psychedelischen Gitarren-Effekten zu kombinieren. Der Song gleicht einer nächtlichen Autofahrt durch endlose Straßen – unberechenbar, hypnotisch und voller Energie. Das Gitarrenspiel ist durchsetzt von Wah-Wah-Effekten und einem Hauch von Tremolo, was dem Song eine leicht surreale Atmosphäre verleiht.
Mit „Shine & Glitter“ erreicht das Album seinen ersten Höhepunkt. Die Kombination aus harmonischen Vocals und verzerrten Gitarren klingt, als ob sich ein musikalischer Sturm zusammenbraut, der sich unaufhaltsam auf den Hörer zubewegt.
Es ist dieser Kontrast zwischen roher Energie und eingängigen Melodien, der den besonderen Reiz von „Cool Down Under“ ausmacht.
„Mouse Cadaver“ und „Superman is Outta Town“ sind zwei Tracks, die mit einem düstereren, beinahe doomigen Flair daherkommen. Der verzerrte Bass erzeugt eine tiefe, bedrohliche Atmosphäre, während die Gitarrenriffs wie Blitze durch die Klanglandschaft zucken. Besonders „Superman is Outta Town“ beeindruckt mit seinem schleppenden Groove und den eindringlichen Vocals, die an eine Mischung aus Black Sabbath und modernem Stoner-Rock erinnern.
Mit „Turn Down the Heat“ wird es sozialkritisch – ein Track, der sowohl textlich als auch musikalisch aufrüttelt: “Supersmart is the human species, but no mouse builds it’s own trap.” Hier verschmelzen schwere Gitarrenriffs mit einem treibenden Beat zu einem pulsierenden Soundteppich, der kaum stillstehen lässt. Die 12-saitige Gitarre, ergänzt durch verzerrte Bassriffs und subtile Synthesizer-Einschübe, verleiht dem Song eine fast schon epische Tiefe.
Die zweite Hälfte des Albums setzt den psychedelischen Trip fort. „Child’s Eye“ ist ein Stück, das sich langsam aufbaut, bis es in einem krachenden Finale explodiert, während „Cotton Candy“ fast schon verspielt daherkommt, mit einem Hauch von 60er-Jahre-Garagen-Rock. „Lemon Juice“ bringt einen experimentelleren Ansatz mit sich, indem es Hall und Delay geschickt einsetzt, um eine hypnotische Atmosphäre zu schaffen.
Das Album endet mit „Terra Australis“, einem Stück, das sich wie ein episches Crescendo anfühlt. Hier laufen alle Elemente, die „Cool Down Under“ so stark machen, noch einmal zusammen: treibende Riffs, donnernde Drums, hypnotische Effekte und ein Gesang, der sich wie ein Leuchtturm in einem tobenden Sturm behauptet.
„Cool Down Under“ ist eine kraftvolle, stimmige und beeindruckende Rückkehr zu den Wurzeln des Garage- und Psychedelic-Rock. Dear Misses haben es geschafft, ein Album zu kreieren, das sich sowohl rau als auch melodisch präsentiert – eine Platte, die vom ersten bis zum letzten Ton fesselt und den Hörer in eine andere Welt entführt.
Dieses Album wird vor allem Fans von Bands wie The Black Angels, Kyuss oder The Brian Jonestown Massacre ansprechen, aber auch all diejenigen, die nach authentischem, ungeschliffenem Rock mit einer Prise Psychedelia suchen.
Die dichten Klanglandschaften, die verzerrten Gitarrenriffs und die treibenden Rhythmen erinnern an die besten Momente des Stoner- und Heavy Psych Rock, bleiben dabei jedoch stets eigenständig und frisch: Bluesadelic!
ARTNOIR - Review Album "Cool Down Under"
Nach diversen Lo-Fi Aufnahmen und einem Ausflug in die Country-Welt, ist die Schwyzer Band Dear Misses bereit, ihre Hörer:innen ein weiteres Mal zu überraschen. Am 23. Oktober 2024 erscheint ihr viertes Studio-Album “Cool Down Under”, welches vor 60ies und 70ies Charme funkelt, wie eine Discokugel auf LSD. Doch dieser Spruch ist nur der „Aufhänger“, wie man so schön sagt, denn das Album als Gesamtes bietet neben dem altbekannten, einnehmenden Retro Gefühl auch viel Abwechslung und Liebe fürs Detail. Stellenweise ist die Gangart sogar etwas härter als von der Band gewohnt. Als kleinen Vorgeschmack gibt es das schräge, mit fetten Fuzz-Gitarren aufgeladene “Mouse Cadaver” und das verspielte, Garage Rock-lastige “1% Suckers” bereits auf der Streaming-Plattform eures Vertrauens zu hören.
Neben diversen psychedelischen Ausflügen in Songs wie “Mosquito Dance” oder “Lemon Juice”, die mich direkt an eine Andy Warhol Party im Studio54 entführen, sind auch diverse weitere Einflüsse spürbar. Der alte Plattenspieler wurde nämlich hie und da etwas entstaubt. “Child’s Eye” rockt zum Beispiel mit seinen scharfen Gitarren-Riffs ziemlich geradeaus und – die Band möge es mir verzeihen – schon fast modern. “Shine & Glitter” geht mit einem eingängigen Ohrwurm-Refrain eher in Richtung Brit-Rock mit leichtem Americana-Touch. In den intelligent geschriebenen Texten werden vor allem sozialkritische Themen aufgegriffen, wobei das Wechselspiel der beiden Lead-Stimmen für zusätzliche Spannung und Abwechslung sorgt. Auch visuell präsentieren sich Dear Misses passend mit farbigen Pop Art Covers und coolen Bühnenoutfits. Dem weiteren Erfolg sollte also kein Känguru mehr im Wege stehen.
Die Zeit ist reif, um die Lava-Lampen und bunten Schlaghosen aus dem Estrich zu holen, für knisternde Vinyl-Stimmung zu sorgen und mit “Cool Down Under” im Gepäck einen akustischen Trip in die Vergangenheit zu unternehmen. Genau wie die verschiedenen Alben steht auch jeder einzelne der zehn Songs vom neuen Werk für sich alleine. Diese Unvorhersehbarkeit macht aus Dear Misses eine ganz besondere Band, die es verdient hat gehört, gesehen und abgefeiert zu werden. Peace!
Bote der Urschweiz - Review Album "Frankie's Life"
by Nicole Auf der Maur
Bluesadelic, Country, Folk und Garage Rock. So beschreibt die Band Dear Misses ihren Sound. Mit dem Livealbum «Frankie’s Live» frönen die Muotathaler Musiker ein letztes Mal der Cosmic American Music. Es erschien unlängst digital auf dem Schwyzer Musiklabel Monobuster Records.
In einer Fusion aus leidenschaftlicher Musik und mitreissenden Liveaufnahmen präsentiert die Band Dear Misses ihr neues Livealbum «Frankie’s Live». Mit insgesamt 17 Songs wurde das fünfte Album der Muotathaler Musiker digital veröffentlicht. Es verspricht, die Hörerinnen und Hörer ein weiteres Mal in die Welt von Frankie Trombone zu entführen.
Die einzigartige Tracklist setzt sich aus Songs des im Herbst 2022 veröffentlichten Konzeptalbums «The Life and Death of Frankie Trombone» und fesselnden Coverversionen aus ihrem Live-Set zusammen. Diese klangliche Reise wurde an zwei Orten festgehalten: zum einen bei Deezl Imhof von Foolpark Recordings am 16. Juli und zum anderen live während eines Konzerts am 1. April im Mauz Music Club in Einsiedeln.
Die Live-Sessions wurden von und bei Deezl Imhof im Studio Foolpark Recordings in Kriens aufgenommen, während die Abmischung in den erfahrenen Händen von Jonas Marty, Gitarrist, Sänger und Produzent von Dear Misses, lag. Diesen Herbst hatte die Band jede Woche einen neuen Song aus ihrer «Foolpark Live Session» auf ihrem Youtube-Kanal veröffentlicht.
Wie bereits beim Konzeptalbum vertraute die Band auf die Mastering-Künste von Cello Hertner, ehemaliges Dusty-Boots-Mitglied. Gemeinsam garantieren sie, dass das Album nicht nur einen Sound bietet, der die Seele berührt, sondern die Hörerin und den Hörer auch unmittelbar in die fesselnde Atmosphäre der Live-Erlebnisse zurückversetzt.
Dieses Livealbum markiert den Höhepunkt einer einjährigen Country- und Western-Konzeptphase der Band Dear Misses. In massgeschneiderten Nudiesuits gekleidet und begleitet von dem umtriebigen Pedalsteel-Spieler Simi Fässler hat die Band eine musikalische Reise unternommen, die in «Frankie’s Live» gipfelt.
ARTNOIR - Review Album "Life and Death of Frankie Trombone"
by David Spring
Etwas vom Schönsten an der Musik ist, wenn man neidlos eingestehen darf, dass man bisher völlig falsch lag. Eigentlich mag ich Country nicht. Doch siehe da, auf einmal finde ich eine Band aus dem Muotathal – woher auch sonst – und alles ist anders. Zugegebenermassen sind Dear Misses keine reine Country-Formation, sondern im Psychedelic Rock zu Hause. Ihr neustes Werk «Life And Death Of Frankie Trombone» jedoch sprüht nur so von Midwest-Feeling.
Dear Misses wollten dieses Mal alles etwas anders machen. Die neue Platte ist ein Konzeptalbum, welches das Leben des fiktiven Cowboys Frankie Trombone erzählt. Los geht es mit «A Life He Never Had», einer astreinen Country-Nummer inkl. Steel-Guitar und einer Wagenladung Schmalz. Für meinen persönlichen Geschmack fast etwas zu viel des Guten, doch schon das folgende «Leaving Town» verstrahlt mit knackigen Gitarren und einer Beatles-esken Mundharmonika so viel Charme, dass selbst ich mich auf diese Reise durch die Wüste freue.
Von da an wird es stetig abwechslungsreicher und Dear Misses bedienen sich sämtlicher Folk-, Americana- und Country-Subgenres. «El Coyote» ist düster und poppig und könnte gut aus dem nächsten Tarantino/Rodriguez-Western-Werk stammen, «Beat This Train» ist ein wilder Rock’n’Roll-Ritt mit Psychobilly-Einflüssen und «Silver Lake» könnte gut der dritten Led Zeppelin-Platte entsprungen sein. Abwechslungsreich sind auch die zahlreichen Stimmen und die unendlich vielen Instrumente und Geräuschmacher, die zum Einsatz kommen.
Zum Schluss dann spielen Dear Misses alles Dagewesene in den Schatten. Das zweiteilige «The Gates Of Death» ist todtraurig und unglaublich eindrucksvoll. Mit schwerer Stimme, wundervoll platzierten Dissonanzen und faszinierender Musikalität geht dieser Song direkt unter die Haut. Der bis dahin eher schwer zu greifende Frankie Trombone steht auf einmal direkt vor uns und wir werden Zeuge seiner letzten Tage. Das abschliessende «Requiem» fasst mit einer gänsehauterzeugenden Piano-Melodie und epischem Spannungsbogen alles zusammen.
Wahrlich eine faszinierende Platte, die hier in der Idylle des Muotathals erschaffen wurde. Dear Misses sind wahnsinnig kreativ und talentiert, die Songs machen Freude und strotzen nur so von Atmosphäre und Gefühl. «Life And Death Of Frankie Trombone» ist überzeugend, mitreissend und authentisch. Wer, wie ich, schon immer die Vermutung hatte, dass Country eigentlich gar nicht so schlimm sein kann, wird hier endlich den wohlklingenden Beweis dafür finden.
Ox-Fanzine - Review Album "Monster's Mother"
by Gereon Helmer
Mit Album Nummer drei haben sich die Schweizer Indie-Blues-Rocker mal richtig ausgetobt und sich ein daumendickes Doppelvinyl gegönnt. Darauf stehen sie im Spagat zwischen Indierock und staubtrockenem Bluesrock. Dazu kommen noch ein wenig Americana und psychedelische Sprengsel, mit denen sie ihr grundsolides Songwriting veredeln. Referenzpunkt ist dabei deutlich hörbar Tom Petty mit seinen HEARTBREAKERS, aber auch das eine oder andere ROLLING STONES-Riff („Exile On Main Street“-Ära) hat seinen Weg in das dicht verwobene Soundamalgam der vier hemdsärmeligen Musiker gefunden. Leider ist das Material dabei nicht stets zündend, auch wenn viele gute Ideen und tolle Melodien die Doppel-LP prägen. Womöglich wäre ein einzelnes Album die bessere Wahl gewesen, als sich dem Zwang zu unterwerfen, auf Biegen und Brechen unbedingt vier Seiten mit Songs füllen zu müssen. Ungeachtet dessen präsentiert sich das Quartett spielerisch in Höchstform, die Produktion ist auf hohem Niveau, und neben ihrer Vielseitigkeit können DEAR MISSES auch mit verblüffender Kreativität punkten.
ARTNOIR - Review Album "Monster's Mother"
by Michael Bohli
Mit ihrem dritten Album legen Dear Misses aus Muotathal ein ziemlicher Brocken vor, schon fast vermutet man da eine Zusammenstellung der bisherigen Karriere. Aber nein, „Monster’s Mother“ ist gefüllt mit frischen Ideen und neuen Ergüssen, 19 Stücke voller Blues, Psychedelic und Garage Rock, ein Zeugnis der positiven Seiten der Isolation. Das meiste Material ist im Frühjahr 2020 geschrieben worden, als wir unseren Bewegungsradius einschränkten mussten. Diese Musiker reisten trotzdem, mit den Gedanken und Klängen.
„Monster’s Mother“ ist keine Gruselgeschichte, sondern eine Erzählung voller unterschiedlicher Stimmungen. „Exponential Growth“ wälzt sich auf dem staubigen Grund amerikanischer Städte, „Mr. Bombastic“ knabbert genüsslich am Rock’n’Roll, „Lucky Dreamer“ lädt zum Rodeo ein. Dear Misses lieben die klanglichen Wurzeln Nordamerikas und haben deren Rhythmen und Riffs zu uns in die Schweiz gebracht. Versetzt mit Indie- und Popstimmungen machen die Stücke Freude,„I Don’t Care Anymore“ darf als Befreiungsschlag mit Verzerrung angeschaut werden.
Sicherlich ist nicht jeder Moment gleich prägnant, das ist bei einer solchen Menge an Liedern schier unmöglich. Dear Misses beeindrucken durch Vielseitigkeit und lassen süsse wie bittere Bemerkungen vom Stapel, haben ihr Spielfeld ausgeweitet und wehren nörgelnde Kommentare mit einer lockeren Handbewegung ab. Perfektion und Ablösung von der Schweizer Herkunft? Muss nicht sein, „Monster’s Mother“ steht für die sprudelnde Kreativität in schwierigen Zeiten.